»Auschwitz fängt da an, wo einer sagt oder denkt: ES SIND JA NUR TIERE.« Theodor W. Adorno, Philosoph, Soziologe (* 11. Sept. 1903 † 06. August 1969)

Sonntag, 22. April 2018

Update zur Petition „The United Nations is to outlaw crimes against humanity!”


Von AKT-Mitarbeiterin Barbara Schwarz

Liebe Mitzeichner und Tierfreunde, Sie haben schon einige Zeit nichts von dieser Petition gehört, und vielleicht haben Sie auch die eine oder andere Anfrage an Peter H. Arras und seine Organisation AKT geschrieben, die leider unbeantwortet geblieben ist. Der Grund dafür:

Peter H. Arras ist tot. Er verstarb plötzlich und völlig unerwartet am 4. März 2018 im Alter von nur 51 Jahren. 

Mit ihm hat nicht nur seine Organisation, die Aktion Konsequenter Tierschutz (AKT) und sein Institut für Mitweltethik ihren Gründer und Motor verloren, sondern die Welt einen unermüdlichen Kämpfer für die gesamte Tierwelt mit großen Visionen auch für ein friedliches Miteinander von Menschen und Nicht-Menschen in unserer gemeinsamen Biosphäre.

Peter hinterlässt eine Tochter und seinen jahrelangen Mitstreiter und Vertrauten, Felix Denig, der die unglaubliche Aufgabe zu bewältigen hat, AKT-Auffangstation mit ihren über 300 Tieren unzähliger Arten so weiterzubetreuen, wie er es jahrelang mit Peter zusammen tat.

Seine Freunde, Förderer und engsten Mitstreiter, zu denen ich mich in den letzten Jahren zählen durfte, sind zutiefst getroffen durch den Verlust des großartigen Menschen und Tierfreundes Peter H. Arras. Besser als ich es in Worte fassen kann, hat ein guter Freund von Peter, Harald Hoos von pro iure animalis, seinen Nachruf verfaßt. Hier finden Sie diesen in deutscher Sprache inklusive eines Links zum Kondolenzbuch:

http://www.pro-iure-animalis.de/index.php/verschiedenes/articles/nachruf-peter-arras.html 

Unsere UN-Petition „Verbrechen gegen die Menschlichkeit ächten“ wird weitergeführt und nach Erreichen eines weiteren Meilensteins wieder den Entscheidungsträgern in New York unterbreitet. Sie hat nichts von Ihrer Wichtigkeit eingebüßt, sondern vielmehr durch den furchtbaren Verlust von Peter H. Arras uns allen auferlegt, um so mehr für Tiere einzutreten, um sie vor unmenschlicher Brutalität zu retten, jetzt, wo er selbst es nicht mehr tun kann.

Gerade wird in Russland in Vorbereitung des WM-Spektakels damit begonnen, brutal Hunde umzubringen, um der Sportwelt eine „schöne heile Welt“ vorzugaukeln, so daß wir, Peters Unterstützer und Petitions-Mitzeichner, nun noch vehementer gegen Tierfolter, wo immer sie stattfindet, vorgehen müssen.

Bitte verbreiten Sie die Petition immer noch weiter, und sollten Sie in einem Land leben, in dem Sie sich frei auch Ihren Politikern gegenüber äußern dürfen, sprechen/schreiben Sie diese an, wenden Sie sich an Ihre Regierung, Außenministerium, UN-Botschafter direkt – und auch an jene Tierschutz-Organisationen, die bisher dieser einzigartigen Initiative ihre offene Unterstützung verweigert haben - und verlangen Sie Tierschutz in Ihrem Land und weltweit – aber nicht nach deutschem Vorbild, wo das so genannte „Tierschutz“-Gesetz in erster Linie die Ausnutzung von Lebewesen durch professionelle Tierquäler zu deren Profit regelt. Kämpfen Sie an gegen das Foltern, Ermorden und die gnadenlose Ausbeutung von Tieren, schützen Sie damit die Tiere und die Welt – uns alle! - vor der Brutalität empfindungs- und mitleidsloser Schlächter, vor jenem Grauen, welches Peter – wie wohl auch allen von uns – seit Jahren den Seelenfrieden raubte.

Ich danke Ihnen für alles, was Sie für Tiere und damit auch für Peter H. Arras, um sein Andenken und sein Lebenswerk zu ehren, zu tun bereit sind.

Ruhe in Frieden, lieber Peter, und Danke für alles, was Du Dein Leben lang für Tiere getan hast. Danke, daß ich Dich dabei unterstützen durfte.
Barbara Schwarz (Übersetzerin, ehrenamtliche AKT-Mitarbeiterin)

Bitte Petition unterzeichnen

Samstag, 21. April 2018

Bevölkerungswachstum und Antinatalismus

 

Tiefgründiges Interview einer großen deutschen Zeitung mit Karim Akerma 


Dr. Gunter Bleibohm und Harald Hoos schreiben hierzu in ihrem aktuellen Newsletter:

Liebe Freunde der Tiere, in mehreren Rundmails hatten wir Sie bereits mit dem Antinatalismus, der Nachkommenlosigkeit bei Mensch und Tier, bekannt gemacht. Antinatalismus (Wortbildung nach lat. nasci: geboren werden) ist eine Moraltheorie, die tiefer ansetzt als alle herkömmliche Ethik. Alle bisherige Ethik geht von der Prämisse aus, dass Menschen und Tiere existieren (sollen) und sie fragt, wie die existierenden Menschen handeln sollen. Die Frage hingegen, ob Mensch und Tier überhaupt sein sollen, welche in der Geschichte von Denkern schon mehrfach berührt wurde, erhielt seine Dringlichkeit jedoch erst, als die Wachstumskurve der Menschenflut in den exponentiellen Bereich, in den unbeherrschbaren Bereich, überging.

Zur Erinnerung die Entwicklung in Zahlen: Die Erdbevölkerung nimmt täglich um netto ca. 200.000 Köpfe, jährlich also um mehr als 80 Millionen Menschen zu. Aus dieser Zunahme resultieren nahezu alle Umweltprobleme sowie Artenschwund und Naturvernichtung. Die Tragfähigkeit des Planeten Erde ist längst überschritten, Chaos vorprogrammiert. Zugegeben ein schwieriges Thema, aber ein Thema, bei dem es sich lohnt, intensiv darüber nachzudenken und eigenes Handeln kritisch zu hinterfragen.

Zur vertieften Information können Sie diverse Texte und Analysen rund um diesen Themenkomplex hier nachlesen: 

Heute möchten wir diesen Diskurs mit einem höchst interessanten und tiefgründigen Interview von Dr. Karim Akerma fortführen und ergänzen. Es handelt sich um ein Interview mit einer großen deutschen Zeitung, das im Nachhinein abgelehnt wurde und nicht zur Veröffentlichung gelangte. Den Text des Gespräches finden Sie nachstehend :


Herr Akerma, Sie wollen, dass die Menschheit aufhört sich fortzupflanzen. Warum?

Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Wir können uns doch zum Beispiel auf den ethischen Grundsatz einigen: Handle niemals so, dass ein Mensch aufgrund deiner Handlung sterben muss – abgesehen vielleicht von Notwehrsituationen. Jetzt ist es aber so, dass ein Kind, das ich in die Welt setze, zwangsläufig irgendwann stirbt. So ist die Welt eingerichtet. Folglich sollte ich nicht zeugen. Eltern verurteilen ihr eigenes Kind immer auch zum Tode.

Ist das verwerflich? Sie haben dem Kind das Leben doch überhaupt erst geschenkt.

Das ist eine beschönigende Metapher. Jemandem, der nicht ist, kann ich nichts schenken. Präziser müsste man sagen, dass Eltern so gehandelt haben, dass sich ein Mensch genötigt sieht sein Leben zu führen. Schon der große Aufklärer Kant hat die sogenannte Natalschuld-Umkehr angeregt. Kinder haben ja gar nicht nach Dasein gefragt. Sie fanden sich einfach vor und zwar auf Geheiß ihrer Erzeuger.

Sind Sie Ihren Eltern denn böse? Leben Sie nicht gerne?

Doch. Es gibt vieles, was das Leben für mich lebenswert macht; menschliche Begegnungen, Musik, Literatur, Sport. Es ist doch so: Niemand wollte zu leben beginnen. Aber wenn man einmal da ist, muss man weitermachen. Da wirken biologische Gesetze. Und solange keine Krankheiten, Trauerfälle und andere Katastrophen im Wege stehen, tun die Leute das sogar gern. Ich bin da keine Ausnahme.

Dann können Sie sich sicher auch freuen, wenn ein glückliches Paar seinen Kinderwagen an Ihnen vorbei schiebt?

Im nächsten Moment komme ich dann aber an einem Greis vorbei, dem Einsamkeit und Schmerzen ins Gesicht geschrieben stehen. Ich frage mich dann immer, ob den jungen Eltern eigentlich klar ist, dass ihr süßes Kind eines Tages auch so ein trauriger Alter wird. Irgendein blinder Fleck sorgt offensichtlich dafür, dass ihnen der Zumutungscharakter des Lebens verborgen bleibt.

Zumutungscharakter des Lebens? Ich dachte Sie leben gern?

Ich bin Philosoph. Unsere Aufgabe ist es, das vermeintlich Naheliegende in Frage zu stellen. Dazu gehört auszusprechen, dass unser Leben aus einer Reihe von Zumutungen besteht. Wir bewältigen ein fürchterliches Pensum. In der Schule sitzt nicht immer die fröhlich schreiende Meute. Da wird auch unter Stress und Schikanen gelitten. Es folgen 40 Jahre Berufsleben, dominiert von Langeweile oder Überforderung. Dann geht es mit einem Tritt in den Hintern in Rente. Von 100 Prozent auf fünf von einem Tag auf den anderen. Keiner gibt es zu, aber die meisten kommen damit nicht klar.

Zumindest hierzulande führen die meisten aber doch ein glückliches Leben. Wieso sehen Sie alles so schwarz?

Ich halte die ständige Rede vom Glücklichsein für einen Schutzmechanismus der Gesellschaft, um unser Fortleben als Gattung zu rechtfertigen. Ein sozialer Effekt, eine Art unterbewusste Verschwörung. Wir versichern uns ständig, dass das Leben in Ordnung ist. Aber, wenn sie sich unbeobachtet fühlen, dann klagen die Leute. Über den Job oder das gestörte Verhältnis zum Partner. Wir sind sehr gut im Verdrängen. Fast jeder kennt jemanden, der seit Jahren seelisch oder körperlich leidet. Aber haben Sie schon mal von chronischem Glück gehört?

Muss das denn unser Anspruch sein? Das viel zitierte „kleine Glück“ entschädigt doch immer wieder für vieles.

Das ist ein verbreitetes Missverständnis. Viele stellen sich Glück und Leid als Größen vor, die sich verrechnen lassen. Wenn man das konsequent zu Ende denkt, müsste man fragen: Hat das deutsche Wirtschaftswunder, das Millionen Glück gebracht hat, das Leid der Menschen in den Konzentrationslagern kompensiert? Der Verlust eines engen Freundes ist nicht dadurch vergessen, dass ich danach noch tollere Menschen kennenlerne. Leid wiegt ethisch schwerer als Glück.

Das müssen Sie erklären.

Die Grundlage meiner Überlegung ist der sogenannte negative Utilitarismus. Utilitaristisch handeln, heißt das Glück der größtmöglichen Zahl anzustreben. Nun maße ich mir nicht an, zu wissen, wie man das allgemeine Glück mehrt. Deshalb drehe ich das Prinzip um, denn wie sich Leid verhindern lässt weiß ich. Ganz einfach, indem ich verhindere, das Wesen die leiden können, überhaupt zu existieren beginnen. Das widerspricht zwar unserer Intuition, ist aber eigentlich bestechend logisch.

Wie versuchen Sie diese Einsicht zu verbreiten?

Man kann den Leuten zum Beispiel vor Augen führen: Wenn Kinder vor ihren Eltern sterben, ist das das Schrecklichste was ihnen passieren kann. Da würde jeder zustimmen. Nun sterben aber alle Kinder. Auch, wenn sie 90 werden, bleiben sie doch die Kinder irgendwelcher Eltern. Die Schrecklichkeit des Sterbens ist nicht dadurch aus der Welt, dass die Eltern vor ihren Kindern gehen. Eltern tun aber so.

Dass ihre Kinder irgendwann sterben, ist den Eltern doch klar. Wenn ein Kind stirbt, ist nicht der Tod so schrecklich, sondern die verpasste Chance auf ein erfülltes Leben.

Wer so denkt, ist immer noch mindestens senilitätsblind. Sie blenden aus, dass Ihr Kind dazu verurteilt ist, alle möglichen Altersleiden durchzustehen. Um deutlich zu machen, was da eigentlich passiert, müssen Sie den Euphemismus „Senioren-Residenz“ durch „Geronto-Lager“ ersetzen. Das ist der Skandal unserer Gesellschaft! Millionen Menschen sind dazu verurteilt, ihren Lebensabend in unwürdigem Zustand zu verbringen. Im Buch „Wie wir sterben“ zeigt der kanadische Kliniker Sherwin B. Nuland, dass das Sterben in den allermeisten Fällen eine furchtbare Sache ist. Die Leute schlafen nicht ruhig und mit beseeltem Lächeln ein. Der Organismus übernimmt das Ruder und hält die Leute noch Monate lang am Leben. Meist von entsetzlichen Ängsten und Schmerzen begleitet.

Wie fallen die Reaktionen aus, wenn Sie versuchen, das Eltern zu erklären?

Das reicht von Verständnis und ehrlichem Interesse, bis hin zu erbitterten Anfeindungen. Mir wird oft gesagt, zu denken wie ich sei böse. Manche glauben, ich wäre für die Vernichtung der Menschheit. Dabei plädiere ich ja nur für ein freiwilliges Verebben, das ist das genaue Gegenteil. Viele sagen, ich sei ein Pessimist. Denen kann ich bloß erwidern: Schaut in das Führungszeugnis der Menschheit, unsere geschriebene Geschichte. Die Menschen haben schon immer gemartert und sich geängstigt, es wurde nie besser. Wann soll die Probezeit unserer Gattung zu Ende sein, wenn nicht allerspätestens bei Auschwitz?

Würden Sie nicht unterschreiben, dass die Tendenz seither ziemlich positiv ist?

Nur auf den ersten Blick. Aller Fortschritt in Sachen Humanismus und Produktivität, ist leider untrennbar mit dem der Destruktivkräfte verflochten. Denken Sie an die frühe Neuzeit. Man ließ Gott hinter sich, tausende Möglichkeiten brachen auf und gleichzeitig begann mit der Erfindung der Feuerwaffen eine nie dagewesene Vernichtungsorgie. Anderes Beispiel: Atomkraft. Die war nicht bloß energiepolitischer Segen, sondern durch die Unfall-Gefahr und die Bombe höchst problematisch. Wie kann man in eine Welt in der sich unaufhaltsam das Klima wandelt, noch Kinder setzen? Das ist ein Lotteriespiel, letztlich ein Experiment mit Menschen. Wer das ausspricht, wird aber verfemt.

Sie spielen auch auf Ihren Habilitationsversuch an. Der scheiterte 1997 an einem 5:4-Votum.

Ich war damals mit dem Thema Antinatalismus im deutschsprachigen Raum allein auf weiter Flur. Deshalb habe ich naiver Weise angenommen, das wäre ein akademischer Türöffner. In Hamburg hat man das Recht, nach einem gescheiterten Habilitationsversuch die Handexemplare zurückzubekommen. Das wussten manche Mitglieder der Kommission offensichtlich nicht. Ich konnte an den teils sehr despektierlichen Randbemerkungen sehen, dass meine Arbeit nicht immer sachlich, sondern mit unterdrückter Wut gelesen worden war.

Was stand da am Rand?

Unwissenschaftliche Dinge wie „ach ja?“ und „sieh mal an?“ Als sei es völlig absurd, Dinge konsequent zu Ende zu denken. Dabei hat schon Kant die Frage aufgeworfen: Sollen Menschen sein? In meiner Verhandlung, so wurde mir zugetragen, wollte ein ausgewiesener Kant-Spezialist davon dann aber nichts mehr wissen. Es ist immer noch so, dass Autoren weltweit zu dem Thema lieber unter Pseudonym veröffentlichen. Weil sie sich vor gesellschaftlicher Ächtung oder Karrierenachteilen fürchten.

Sie sind verheiratet. War Ihre Frau von Anfang an mit Ihrer Sicht auf die Familienplanung einverstanden?

Sie hat das berühmte Ticken der inneren Uhr zum Glück nie gehört. Man sagt ja, dass Frauen ab 35 nervös würden und unbedingt Kinder wollten. Die Forschung weiß aber inzwischen: Das ist kein Ruf der Biologie, sondern bloß soziale Suggestion.

Soziale Suggestion?

Ja. Da auszubrechen erfordert Mut. Man könnte sagen, der Antinatalismus ist seinem Wesen nach eigentlich feministisch. Simone de Beauvoir war da in fast geschmackloser Weise Vorreiterin. Die hat Sprüche gebracht, wie: Ich möchte nicht, dass ein Polyp in meinem Inneren die Macht über mich ergreift. Die Gesellschaft betrachtet Frauen unterbewusst immer noch als reine Biologie. Frauen sind aber Kulturwesen, die entscheiden dürfen, statt von ihrer Biologie durchherrscht zu sein.

Indem wir die Menschheit langsam aussterben lassen, beantworten wir also die alte Frage, was den Menschen eigentlich zum Menschen macht?

Ganz genau. Wenn der Mensch wirklich ein Kulturwesen ist, muss er auch in der Frage seines eigenen Gattungsendes kulturbestimmt handeln.

Wie stellen Sie sich das denn vor, wenn die letzten Menschen sterben? Irren da Verzweifelte durch postapokalyptische Landschaften? Oder klopfen die sich auf die Schulter?

Gute Schriftsteller haben die Psyche solcher letzten Menschen erforscht. Ich denke an Hannelore Valencak „Die Höhlen Noahs“ oder Marlen Haushofers „Die Wand“. Wenn man denen glauben kann, ist das Ganze erträglich. Wenn die Betreffenden Einsicht in die Notwendigkeit des Antinatalismus hätten, wäre es sogar noch einfacher. Das Ende der Menschheit bedeutet ja das Ende aller Hungersnöte, aller Kriege, der Senilität, des Alleinseins. Es wäre das letzte Alleinsein, auf das kein weiteres Alleinsein folgen würde. Trotzdem entbrennt in der Literatur unter dem Menschheitsrest immer die Debatte, sollen wir es noch mal wagen? Wir sind wohl noch nicht so weit.

Sie glauben, das wird sich in absehbarer Zeit ändern?

Ich hoffe es. Der Antinatalismus kommt den meisten Menschen heute absurd vor. Das galt vor wenigen Jahrzehnten aber genauso für den Vegetarismus. Inzwischen beginnt die Einsicht Fuß zu fassen, dass Tiere empfindsame Wesen sind, die wir nicht einfach zu unserem Nutzen hervorbringen dürfen, weil es Alternativen gibt. Ich sage: Ebenso wenig dürfen wir einfach Nutzmenschen hervorbringen.

Nutzmenschen?

Ja, ursprünglich sind wir nichts anderes. Kinder erleichtern den Eltern vermeintlich die unerträgliche Schwere des Daseins. Sie stabilisieren. Wenn wir Kinder machen, dann ausschließlich für uns selbst.

Sollte man den Antinatalismus zur Not staatlich verordnen? Stichwort Ein-Kind-Politik in China.

Wenn damit Leid verhindert werden kann, bin ich dafür. Wir lesen viel davon, dass die Familien dort unter dieser Politik gelitten hätten. Aber keiner fragt, was passiert wäre, wenn die Bevölkerung ungebremst weitergewachsen wäre. China ist zwar riesig, hat aber pro Kopf kaum Anbaufläche. Ohne staatlichen Antinatalismus wären Hungersnöte nicht zu vermeiden gewesen. Über die konkrete Umsetzung muss man aber diskutieren.

Was müssten wir Menschen ändern, damit auch Sie sich mit der Weiterexistenz unserer Gattung anfreunden könnten?

Es gibt ja schon lange Bestrebungen uns biologisch oder technisch besser zu machen, unempfindlich für Leid und so weiter. Da geht dann aber vielleicht das bisschen Empathie drauf, über das wir verfügen und das Problem der Überbevölkerung ist auch noch nicht geklärt. Ich halte diesen sogenannten Transhumanismus für die letzte Fluchtstrategie vor der notwendigen Einsicht in den Antinatalismus.

Dieses Interview mit Dr. Karim Akerma findest Du auch hier:
http://www.pro-iure-animalis.de/index.php/antinatalismus/articles/antinatalismus-interview-mit-karim-akerma.html

Montag, 2. April 2018

Fleischkonsum zerstört unseren Planeten

Industrielle Tierhaltung ist eines der größten Verbrechen der Menschheit, denn einerseits werden sogenannte "Nutztiere" zu Tode gequält, denn diese müssen oft unter qualvollen Bedingungen leben. Hühner auf kleinstem Raum, Puten mit Brüsten so groß, dass sie vorne überfallen, Schweine in Käfigen, so eng, dass sie sich nicht drehen können. Das sind keine Ausnahmen, sondern Industriestandard.

Seit 50.000 Jahren haben insgesamt schätzungsweise 100 Milliarden Menschen auf der Erde gelebt und jedes einzelne Jahr töten wir Menschen über 50 Milliarden Tiere. Und diese Tiere fristen heute ein qualvolles Leben in Zuchtfabriken, sie sind vom Lebewesen zur Massenware verkommen.Und von diesen Fakten und traurigen Wahrheiten einmal abgesehen, verbraucht die Fleischproduktion aber auch zu viele Ressourcen, welche unsere Umwelt erheblich schädigen.


Fleisch im Essen ist in vielen Kulturen tief verwurzelt und selbst die Andeutung, man sollte es sein lassen, sorgt oft für wütende Reaktionen. Leuten zu sagen, sie sollten ihren Schinken oder ihr Hühnchen gegen Tofu oder Seitan eintauschen, ist in etwa vergleichbar damit, Amerikanern ihre Sturmgewehre abzunehmen, oder auf deutschen Autobahnen ein generelles Tempolimit einzuführen. Als Politiker verliert man mit solchen Forderungen fast automatisch die nächste Wahl.

Aber von der Politik mal abgesehen herrscht Einigkeit darüber, dass Fleischproduktion und -konsum in den gigantischen Mengen, die inzwischen in der westlichen Welt, und auch zunehmend dem Rest der Welt, verbreitet sind, eine entscheidende Rolle bei der Zerstörung unseres Planeten spielen. Hier einige Zahlen und Fakten:

Ein Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) von 2013 kam zu dem Ergebnis, dass 14,5 Prozent aller vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen aus der Viehzucht stammten. Andere Schätzungen liegen zum Teil noch weit höher. Aber selbst dieser konservative Wert liegt über dem, was alle Autos, Schiffe, Flugzeuge und anderen motorisierten Transportmittel der Welt zusammen verursachen. So viel zum Thema: "Ich bin aber mit dem Fahrrad zum Restaurant gefahren, um die Umwelt zu schonen."

Von diesen Emissionen stammen 41 Prozent aus der Rindfleischproduktion, die Milchproduktion steuert 19 Prozent bei, fast der ganze Rest kommt von Schweinen, Hühnern und Eiern. Die Fleischproduktion verbraucht riesige Mengen natürlicher Ressourcen. Für die Herstellung eines Kilos Rindfleisch braucht man atemberaubende 15.415 Liter Wasser. Und der Durchschnittskonsument in einer Industrienation isst 75,9 Kilo Fleisch pro Jahr!

Da viele Rinder heutzutage nicht auf endlosen Prärien grasen dürfen, fressen die Kühe, die über Kurz oder Lang zu einem Hamburger werden, Soya, Mais oder andere Nutzpflanzen. Lebensmittel also, die wir einfach direkt selbst essen könnten, um damit viel Energie und Emissionen zu sparen. Und um all das Futter anzubauen, mit dem wir dann "unser Futter" füttern, braucht man Platz. Viel Platz. Das wird im Amazonas-Regenwald besonders deutlich. Dort gehen etwa 80 Prozent der Abholzung auf das Konto der Rinderzucht.
Guten Appetit!

Lust auf Fleisch? Ein Blick auf die Gegenwart des Fleischkonsums



Je mehr Fleisch die Menschen verzehren, desto weniger bekommen sie von den Bedingungen mit. Das Endprodukt liegt in Plastik verpackt und vorteilhaft ausgeleuchtet im Supermarktregal. Die Auswirkungen lassen sich jedoch an der Umwelt ablesen: Kaum ein anderes Lebensmittel trägt so massiv zur Zerstörung des Klimas, zur Überdüngung der Böden und zum Artenverlust bei wie die industrielle Fleischproduktion.

"Qualvoll, umweltschädlich, ungesund und billig. Das charakterisiert heute die industrielle Tierproduktion", sagt Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, die im Januar den neuen Fleischatlas für Deutschland mitherausgab. Dieser zeigt die Konsequenzen der industrialisierten Fleischproduktion auf und wird für zahlreiche Länder publiziert. Die Fleischindustrie müsste grundlegend umgebaut werden, fordern die Autoren, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.

Die Entwicklung geht allerdings in die andere Richtung. Die globale Fleischproduktion hat sich in den vergangenen 50 Jahren mehr als verdreifacht. Bis 2050 wird sie noch einmal um 85 Prozent wachsen, erwartet die UN-Welternährungsorganisation. Eine Lösung sehen die Autoren in einer Reform der EU-Agrarpolitik. 40 Prozent des EU-Budgets, rund 60 Milliarden Euro pro Jahr, fließen in diesen Bereich. Doch auch der Konsument ist gefragt: Den Deutschen wird empfohlen, nur noch halb so viel Fleisch zu essen. Pro Kopf waren es 59 Kilogramm im Jahr 2016. In Österreich werden sogar rund 65 Kilogramm jährlich verzehrt.