»Auschwitz fängt da an, wo einer sagt oder denkt: ES SIND JA NUR TIERE.« Theodor W. Adorno, Philosoph, Soziologe (* 11. Sept. 1903 † 06. August 1969)

Donnerstag, 16. Juli 2015

Über Toleranz und Intoleranz

Neulich hat mir jemand folgenden Satz an den Kopf geworfen: "Du musst auch die Meinungen Andersdenkender tolerieren!" Tatsächlich? Muss ich das in jedem Fall? Hat Toleranz nicht auch ihre Grenzen? Ist es falsch, intolerant zu werden und zu bleiben, sobald diese Grenzlinie überschritten wird? 

Selbstverständlich ist es für unser menschliches Zusammenleben notwendig, tolerant miteinander umzugehen, jedoch nicht immer ist Toleranz etwas Lobenswertes und Gutes, sondern es gibt auch immer wieder Meinungen und Überzeugungen, die nicht toleriert werden dürfen. Wenn sich z.Bsp. Rechtsextremisten und junge Neonazis untereinander versammeln und gemeinsam ein Lied grölen, in welchem es immer wieder heißt: "In Buchenwald, in Buchenwald, da machen wir die Juden kalt....", darf und sollte ein derartiges Gedankengut dann etwa toleriert werden?

Laut Wikipedia verstehen wir unter Toleranz das Geltenlassen und Gewährenlassen fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten. Tolerante Menschen sind also besonders duldsame, nachsichtige, großzügige und weitherzige Individuen. So weit - so gut. Tolerant zu sein bedeutet jedoch keineswegs, sämtliche Meinungen und verschiedene Überzeugungen gleichermaßen als Wahrheit anerkennen zu müssen bzw. gleichermaßen für falsch zu halten.

Wer Toleranz derartig interpretiert, ist mit Sicherheit ein bedauernswerter Dummkopf. Toleranz bedeutet nicht, andere Aussagen und Ansichten widerspruchslos hinzunehmen und den eigenen Standpunkt zum Teufel zu jagen und in der Hölle schmoren zu lassen. Tolerant zu bleiben - das heißt doch wohl eher, einen gegensätzlichen Standpunkt zur Kenntnis zu nehmen, eine gänzlich andere Meinung auszuhalten, zu ertragen und trotz gegensätzlicher Auffassung dem eigenen Standpunkt treu zu bleiben.

Sobald mir jemand sagt oder schreibt: "Es sind doch nur Tiere!" oder "Nutztiere sind nun einmal dafür da, das wir sie schlachten und essen!", dann bin ich keineswegs intolerant, wenn ich antworte: "Ich kann Deiner Meinung leider nicht zustimmen!" Ganz im Gegenteil: Es ist sozusagen Toleranz in höchster Vollendung, wenn ich sage und erkläre: "So, wie ich das sehe, ist Deine Auffassung über diesen Sachverhalt falsch und nicht akzeptabel." Intoleranz breitet erst dann ihre Schatten aus, wenn ich dem Andersdenkenden verbiete, diese oder jene Meinung zu haben und mittels Dialogverweigerung oder anderer unlauterer Mittel das Denken eines Menschen zu manipulieren bestrebt bin.

Natürlich wünsche ich mir nichts sehnlicher, als das mehr und mehr Menschen angesichts millionenfach leidender Tiere und millionenfacher Grausamkeiten ihnen gegenüber umdenken und  weniger gedanken - und verantwortungslos zu leben und zu handeln beginnen. Tierschutz geht uns alle an - so lautet mein Motto, meine Überzeugung und mein Appell an alle Besucher meiner beiden Blogs. Tierschutz geht uns alle an und ist nie und nimmer nur die Aufgabe von Mitgliedern in Tierschutzvereinen und Tierrechtsorganisationen, sondern Pflicht und Aufgabe jedes Einzelnen.

So und nicht anders sehe ich das. Und wenn die grosse Masse, die Mehrheit der Menschen anderer und gegensätzlicher Meinung ist und dementsprechend unendliches Tierleid begünstigt oder sogar befürwortet wird, dann ist es die Aufgabe jedes wahrhaftigen Tierfreundes und jedes vernünftigen Menschens, aus dieser traurigen Wahrheit berechtigte und erforderliche Konsequenzen zu ziehen - die letztlich zu jenem Punkt hinführen, dass liebenswürdige und weitherzige Toleranz nicht mehr länger verantwortet werden kann.

Mal ganz unter uns: Selbst viele Tierschützer, Tierschutzvereine und Tierrechtsorganisationen gestatten sich innerhalb ihrer Reihen sehr viele unterschiedliche Meinungen, obwohl sich diese vielfältigen Ansichten und Standpunkte untereinander logisch ausschließen. Die Frage ist jedoch, ob dieses gegenseitige Tolerieren gänzlich unterschiedlicher Auffassungen und Ziele auch den vielen leidenden und gequälten Tieren dienlich und nützlich ist. Ich glaube: nie und nimmer! Tierschutz - welch ein dehnbarer Begriff! Mitunter ist es - und zwar um der geschundenen und alltäglich leidenden Tiere willen - unmöglich, noch tolerant bleiben zu können und die Fassung zu bewahren. Und letztlich beginnt man sich gegenseitig auszuschließen und eine Krise des gegenseitigen Vertrauens schwächt erforderliche Tierschutzaktivitäten, lähmt unsere Herzen, unsere Hände und Kräfte.

Aber ja doch: bleiben wir möglichst immer schön mütterlich - liberal, immerzu und selbst dem Teufel gegenüber tolerant und lassen wir jedem Menschen seine Meinung und seinen Standpunkt. Aber Vorsicht bitte, denn solange Tiere entsetzliches Leid ertragen müssen und aufgrund menschlicher Arroganz, Gedankenlosigkeit und Profitgier alltäglich zu Tode gefoltert werden und die einzige Hölle, die es gibt, bereits schon hier auf diesem gottverlassenen Planeten erfahren und durchleben müssen - solange ist alle geforderte und uns Tierfreunden abverlangte Toleranz nur ein weiteres Verbrechen den Tieren gegenüber und lässt das Riesengebirge unserer Schuld und Unmenschlichkeit noch mehr in den Himmel wachsen.

Von mir aus mag jeder denken, glauben und meinen, was er will. Sobald dieses unterschiedliche Denken und diese Vielfalt an Meinungen jedoch wenig dazu geeignet und tauglich ist, das unfaßbar gigantische Leid und Elend vieler unserer Mitgeschöpfe aus dieser Welt auszulöschen und für immer und ewig zum Teufel zu jagen - solange will ich lieber der Intoleranz beschuldigt werden, statt duldsam und weitherzig zu akzeptieren, was nicht akzeptiert werden darf.

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